Rotkäppchen hat schlechte Laune

Rotkäppchen hat schlechte Laune von Kassandra Katz

Leserstimmen bei Amazon:

witzig und originell  –  fesselnd  –  spannend, erfrischend und niveauvoll  –  sehr positive Überraschung

 

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Zum Inhalt:

Rotkäppchen hat schlechte Laune und zwar aus gutem Grund, denn 1. ist es eine Zumutung, Rotkäppchen zu heißen; 2. muss sie von früh bis spät auf Vaters Hof schuften; und 3. ist ihre Mutter noch immer in Gefangenschaft. Die Begegnung mit Raphael, auch bekannt als der Große, Böse Wolf, lässt Rotkäppchens Schicksal eine neue Wendung nehmen – mit ungeahnten Folgen …

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Wer ein wenig anlesen möchte, kann das auch hier tun:

Kapitel 1

„Aufstehen, Rotkäppchen! Hühner füttern!“
Ich bleibe liegen. Ich will nicht aufstehen, will die Hühner nicht füttern, will nicht Rotkäppchen heißen. Und ich will nicht länger für Vater auf dem Hof schuften. Ich will viel lieber eine Kriegerin werden, und zwar nicht nicht nur irgendeine Kriegerin, sondern die beste und gefürchtetste Schwertkämpferin im ganzen Land.
Rotkäppchen: Rächerin der Witwen und Waisen! Vollstreckerin der Gerechtigkeit!
Mist! Das geht mit diesem Namen einfach nicht. Zora. Das wäre ein guter Name. Der verheißt Schwerter und Abenteuer.
„Trödel nicht so rum, Rotkäppchen!“, brüllt Vater.
„Ich komm ja schon“, rufe ich, springe aus dem Bett, ziehe mich in Windeseile an und renne die Treppe hinunter in die Küche, wo Vater am Frühstückstisch sitzt und mich strafend ansieht. „Guten Morgen“, murmele ich und laufe sofort, bevor er mit einer Schimpftirade anfangen kann, zur Tür hinaus in Richtung Hühnerstall und beginne mit der Arbeit: Eier einsammeln, Hühnerkot zusammenrechen und Futter ausstreuen. Eigentlich mag ich die Hühner, wie sie sich gackernd auf die Körner stürzen, als hätten sie seit Ewigkeiten nichts bekommen, es stört mich nur, dass es Vaters Hühner sind.
„Wo bleibst du?“, ruft Vater. „Die Kühe müssen gemolken und auf die Weide gebracht werden!“
Ich gehe zum Haus, wo Vater vor der Tür steht und auf mich wartet, und gebe ihm den Korb mit den Eiern. „Mehr nicht?“, fragt er missbilligend, nachdem er hineingeschaut hat.
„Das waren alle Eier, Vater. Ich habe alles durchsucht, ganz bestimmt!“, verteidige ich mich. Etwas über faule Hühner und mehr Futter als Nutzen murmelnd humpelt Vater ins Haus. Wie jeden Morgen warte ich auf ihn, statt wegzurennen und diesen Hof für immer zu verlassen. Das habe ich schon versucht.
Als er wieder zur Tür herauskommt, folge ich ihm zum Kuhstall, greife mir den Melkschemel und einen Eimer und beginne zu melken. Milch und alles, was aus Milch gemacht wird, ist lecker: Sahne, Butter, Käse. Bei dem Gedanken daran läuft mir das Wasser im Mund zusammen, aber Frühstück wird es erst geben, wenn alle Kühe gemolken, die Milchkannen auf dem Pferdewagen verstaut und Vater unterwegs zum Buttermeier ist.
Das ist jeden Tag so, seit Mutter fort ist. Sie hat mir immer Frühstück gemacht und Brote geschmiert und Pfannkuchen gebacken, mich morgens umarmt und dann zur Schule geschickt.
„Du träumst doch schon wieder“, ruft Vater. „Beeil dich! Die Milch wird noch im Euter sauer, wenn du so weitermachst!“
„Ja, Vater!“, antworte ich und melke weiter.
Endlich verlässt Vater den Hof. Ich sehe ihm hinterher und wünsche mir, dass er nie mehr zurückkehren möge. Das wünsche ich mir jeden Tag, nur genutzt hat es bisher nichts: Weder hat der Blitz ihn getroffen, noch haben ihm Meuchelmörder aufgelauert, auch haben bislang keine wilden Tiere das Pferd scheuen und damit den Karren stürzen lassen, so dass er sich das Genick bricht. Nichts davon ist bisher geschehen, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Dann drehe ich mich um und gehe ins Haus. Wenn das Brot nicht gebacken und das Haus nicht geputzt ist, sobald er zurück ist, dann wird er mich wieder schlagen.
Melken, Ausmisten, Putzen, Kochen, Backen, Schrubben, Hacken, Jäten, Ernten. Die Arbeit auf dem Hof hört nie auf.

Das Arbeiten ist aber bei Weitem nicht so schlimm wie das tägliche Abendessen mit Vater.
Es wäre erträglicher, wenn er stumm wäre. Ich stelle mir vor, wie er seinen Mund aufmacht und keinen Ton herausbringt, wie er es wieder und wieder versucht, bis er feuerrot im Gesicht anläuft, wie all die schlimmen Worte ihm den Hals zuschnüren und er dann daran erstickt. Mit diesem erfreulichen Gedanken im Kopf schneide ich mir eine Scheibe Käse vom Laib.
„Du bist ein schlechter Mensch, aber die harte Arbeit wird dich lehren, gefügig zu sein. Wer weiß, wenn du dir Mühe gibst, finde ich vielleicht eines Tages einen Ehemann für dich“, sagt Vater.
„Ja, Vater“, erwidere ich und nehme einen großen Bissen.
„Du wirst mir noch dankbar sein.“
„Gewiss, Vater“, murmele ich kauend.
„Und hör auf, mit vollem Mund mit mir zu reden!“, schimpft er.
Ich nicke und beiße prompt noch einmal in die Scheibe. Ich bin Zora, und nichts, was er sagt, kann eine Zora beeindrucken. Ich schiele auf das Stück Brot, das noch nicht in meinem Mund verschwunden ist, und versuche, meine Lippen so weit vorzustrecken, dass ich sie sehen kann. Das klappt zwar nicht, dürfte aber Vater ärgern.
„Zieh nicht solche Fratzen und benimm dich gefälligst anständig bei Tisch! Du siehst nicht nur aus wie deine elende Mutter, du bist auch genauso von Sinnen. Abmarsch in dein Zimmer!“
Aber ich bin Zora und bleibe sitzen, schmiere mir noch ein Butterbrot, nehme die Teekanne und fülle meinen Becher. Ein Blick zu meinem Vater sagt mir, dass er kurz davor ist, mir eine Ohrfeige zu verpassen. Also stehe ich auf, und mit dem Brot in der einen und dem Becher in der anderen Hand steige ich die Stufen hinauf.